Softwareentwickler und körperliche GesundheitDu bist Softwareentwickler? Dann kennst du das wahrscheinlich: Wir werden zu fett und reden es uns schön. Aber so dürfen wir nicht weiter machen.
Es gab mal eine Zeit, da war ich so mitte 20, in der ich mit 168 cm 62 kg wog. Ich war relativ fit, schlank, konnte gut stehen und laufen und allgemein kam ich nicht so leicht ins Schwitzen.
Ich war zu diesem Zeitpunkt sogar schon Softwareentwicklerin, musste aber ziemlich weit zur Arbeit fahren. Mit der Straßenbahn. Deren nächste Haltestelle 3 km entfernt war.
Ein Fahrrad hatte ich auch nicht und das wäre auf Basis meiner Wohnsituation auch nicht möglich gewesen. (Mir ging es ja nur körperlich gut.)
Doch durch Umzüge, neue Arbeitsstätten und etliche andere Faktoren fand ich mich dieses Jahr (als ich so mitte 30 war.... bin) in folgender Situation vor:
85 kg. Aber immer noch 168 cm. Also leider nicht proportional gewachsen – und das war ein Problem.
Warum ich genau JETZT auf mich achte
Ich wollte schon lange endlich mal wieder abnehmen. Zum einen, weil ich weiß, dass zu viel Gewicht ab einem gewissen Punkt einfach sau ungesund ist und zum anderen,
weil ich Übergewicht schlicht und ergreifend unattraktiv finde und ich mich selbst nicht unattraktiv finden will. Aber sowas labert man halt daher. Es ist kein RICHTIGER Grund.
Anfang Juli war ich zur regelmäßigen Untersuchung bei meiner Ärztin, die dann seit sehr langer Zeit mal wieder gefragt hat: "Und wie viel wiegen Sie ungefähr?"
gefolgt von einem "Sie müssen abnehmen, sonst spielt das Pingpong nach oben. Das geht schneller, als Ihnen lieb ist." nachdem ich ihr geantwortet hatte.
Kurz danach hatte ich einen Kurzurlaub mit meiner Frau in der Nähe von Köln und wir sind ins Phantasialand (yay, war geil).
Aber so toll es dort auch war, wurde mir mal wieder klar: Ich bin fett. Und warum wurde es mir gerade dort so bewusst?
Weil mir beim Anstehen so unfassbar extrem die Füße und Knie weh getan haben, dass es nicht mehr auszuhalten war. Ich hab mich gefühlt wie so ein quengeliges Kleinkind, das nur am Rumjammern ist.
In diesem Moment hab ich beschlossen: So kann es nicht weiter gehen.
Allgemeine Fakten zu Übergewicht
Zuerst will ich hier auf jeden Fall mal eine Sache klarstellen:
Ich halte es für unausweichlich und extrem wichtig, dass man NIEMALS irgendjemandem ungefragt zu deren Gewicht kommentiert. Egal wie viel oder wenig auf den Knochen ist.
Wir alle haben das Recht darauf, ein Leben ohne Beleidigungen und verfickt dummer Kommentare zu leben.
Wir alle haben das Recht darauf, mit uns im Reinen zu sein.
Und ganz ehrlich: Wer dick (oder sehr dünn!) ist, weiß das. Da brauchst du nicht noch wie so ein Arschloch was kommentieren.
Jetzt, wo das geklärt ist:
Wusstest du, dass ca. 67 % der Männer und 53 % der Frauen in Deutschland übergewichtig sind?
Und insgesamt ca. ein Viertel der gesamten erwachsenen Menschen hier sogar adipös sind?
Oder dass es auch immer mehr Kinder gibt, die immer übergewichtiger werden und die Schäden, die dabei entstehen, bis ins Erwachsenenalter tragen und teilweise nie wieder loswerden?
Und jetzt das typische Gelaber, das wir alle kennen und hören:
Blablabla Bluthochdruck, Diabetes, Fettleber, geringere Lebenserwartung, Atemprobleme, Gelenkprobleme und so weiter etc. pp.
Aber auch psychische Probleme:
Depressionen und Ängste, weil andere Menschen einfach ihre dumme Fresse nicht halten können.
Schlechtes Selbstwertgefühl und gestörtes Selbstbild.
Selbst dann noch, wenn das Gewicht wieder im Normalbereich liegt, weil man psychische Schäden nicht einfach wegwischen kann (auch wenn das einige Menschen denken).
Und weil unsere Gesellschaft immer Scheiße sein wird, werden auch die sozialen Belastungen nicht geringer werden.
By the way
Es ist ja eine Sache, wenn ihr das für euch selbst alles egal und in Ordnung findet. Alles gut, kann ich respektieren.
Aber tut das bitte euren Kindern nicht an. Da spreche ich aus Erfahrung.
Mir persönlich gingen die körperlichen Beschwerden gepaart mit der Aussage meiner Ärztin dann so nah, dass ich endgültig die Reisleine ziehen wollte.
Wie kam es bei mir zum Übergewicht?
Vorneweg... Ich war noch nie ein sportlicher Mensch. Das hat mir nie Spaß gemacht, ich empfinde dabei keine Freude und danach keine Zufriedenheit.
Bewegung ist und war für mich immer nur ein Mittel zum Zweck und ich glaube, so geht es vielen Geeks und Nerds.
Wie oben schon erwähnt ging es damals. Ich musste mich bewegen, um überhaupt zur Arbeit zu kommen. Auf der Arbeit gab es dann viel rumrennerei, weil auch die Kantine relativ weit weg war. Ich kam somit locker auf meine 10 km am Tag, ohne darüber nachzudenken.
Irgendwann bin ich in die Innenstadt gezogen. Da ging es mit der Bewegung dann schon etwas bergab mit der Haltestelle vor der Haustür. Es kamen aber nur geringfügige Kilos hinzu. Daher hielt ich das für vernachlässigbar.
Später bin ich zu meiner heutigen Frau gezogen und habe den Job gewechselt. Ab da ging es bergab und mit dem Gewicht steil bergauf, denn die neue Arbeit war 60 km
entfernt und mein Tag bestand nur noch aus Aufstehen -> Zur Arbeit fahren -> Arbeiten -> Heim fahren -> Fertig sein und essen -> Bett.
13 Stunden täglich waren für die Arbeit reserviert. Das tat mir überhaupt nicht gut. Und meinem Körper auch nicht. Und schwuppdiwupp war ich von 62 kg auf 80 kg.
So richtig hab ich die seitdem leider auch nicht mehr herunterbekommen.
Seit Corona, Freelancing und somit dauerhaft vom Büro zu Hause aus zu arbeiten haben da nochmal 5 kg drauf geballert.
Urgs.
Was mache ich jetzt?
Juli hatte ich glücklicherweise kundenfrei (was von Festangestellten oft als "Urlaub" bezeichnet wird) und konnte mir eine neue Routine angewöhnen.
Zuerst war meine echt beschissene Ernährung dran.
Folgendes waren meine Vorgaben für mich:
- Deutlich mehr Gemüse
- Deutlich mehr Hülsenfrüchte
- Nichts Gebackenes, Frittiertes oder paniertes
- Jeden Tag ein Stück Obst
- Alles peinlich genau tracken
Zuckerhaltige Getränke schütte ich schon seit einigen Jahren nicht mehr in mich rein und Alkohol gibt's auch nur sehr selten.
Warum Gemüse und Hülsenfrüchte sollte klar sein. Frittieren und Panieren fügt einfach unnötig einen Riesenanteil an kcal in jedes Essen hinzu.
Das peinlich genaue Tracken führt dazu ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie sich die Lebensmittel auswirken. Leute wie ich, denen gesunde Ernährung nie beigebracht wurde,
können das nämlich einfach nicht und müssen das erst richtig lernen.
Mir war es auch wichtig, mir ab und zu etwas zu gönnen. Mal bissl Schokolade oder sowas. Aber dann nur in winzigen Mengen.
Ich schwör euch, der Genuss ist auch um Welten gestiegen, wenn es bei der Seltenheit bleibt.
Und mit der Ernährung ist auch schon 70 % des Zeugs getan: Man muss nicht verbrennen, was gar nicht erst im Körper landet.
Aber weil ich auch ne faule Sau bin und das Glück habe als Freelancerin meine Arbeitszeiten komplett frei einzuteilen, beschloss ich jeden Tag 9 km durch den Wald zu laufen. Als Power Walk, also kein Spaziergang.
Im Juli war das noch easy – denn ich hatte ja keine Kunden. Seit August musste ich, um das beizubehalten, also einfach offizielle Schließzeiten einführen.
Und das funktioniert.
Seit dem 10. Juli mache ich das jeden Tag. Jeden. Verdammten. Tag.
Ich empfinde dabei keine Freude – aber meine Waage und Augen danken es mir.
In bisher 5,5 Wochen habe ich 5,5 kg verloren. Und das sieht man inzwischen auch.
DAS wiederum bringt mir Freude.
Abschluss
Wir alle sind für uns selbst verantwortlich und mir hat vor allem eine Sache beim Abnehmen gefehlt:
Die Ehrlichkeit zu mir selbst.
Es ist wichtig, dass wir uns alle wohlfühlen, egal wie das ist. Und wenn wir das nicht tun und etwas ändern können, dann sollten wir es ändern.
Das sollten wir uns selbst schuldig sein.
Am Ende müssen wir nur uns selbst Rechenschaft ablegen.
Und wenn du glücklich bist, wie du bist, ist das absolut großartig.
Aber wenn du nicht zufrieden bist und ich dich etwas inspirieren konnte, dann freut mich das auch.